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Epilepsie und Schuldfähigkeit

Der fünfte Strafsenat hat am 8. Dezember 2009 (5 StR 449/09) ein Urteil des Landgerichts Neuruppin mit Ausnahme der Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen auf die Sachrüge hin alleine deshalb aufgehoben, weil sich aus dem Urteil am Rande ergab, dass der Angeklagte bereits seit längerem an Epilepsie leide und während des Verfahrenslaufs einige Zeit im Gefängniskrankenhaus verbracht hatte. Auch ohne die Aufklärungsrüge ergebe sich die Fehlerhaftigkeit des Urteils, namentlich in sachlich-rechtlicher Hinsicht, weil das Gericht sich nicht mit den Paragraphen 20,21 StGB und der Frage auseinandergesetzt habe, ob die epileptische Erkrankung bei dem Angeklagten zu einer, die volle Schuldfähigkeit infrage stellenden, Veränderung seines Wesens geführt haben könne.

BGH zu Schuldunfähigkeit und Unterbringung (LG Darmstadt)

 2 StR 565/08  

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts am 14. Januar 2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

 

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 11. September 2008 mit den Feststellungen aufgehoben; jedoch bleiben die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufrechterhalten.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen. Weiterlesen

Trunkenheitsfahrt und Schuldfähigkeit

Betrunken zu sein ist an sich nicht strafbar, nur, wenn man dabei am Straßenverkehr teilnimmt. Ansonsten spielt Alkohol im Strafrecht im Zusammenhang mit der Schuldfähigkeit, die erheblich vermindert oder aufgehoben sein kann, eine Rolle.
Beide Aspekte können auch zusammenfallen. Das OLG München (NJW-Spezial 2008, 683) hat die Verurteilung eines Amtsgerichts aufgehoben, weil bei einer rückgerechneten Alkoholisierung von 2,45 Promille die Schuldfähigkeit nicht einmal überprüft worden war.
Hat sich der Richter bei hoher Alkoholisierung aber mit dieser Frage auseinandergesetzt, wird regelmäßig bei selbst verschuldeter Alkoholisierung (BGH-NJW 2003, 2394) eine Strafmilderung kaum in Betracht kommen.

Erheblich verminderte Schuldfähigkeit

Der BGH hat einmal mehr bekräftigt, daß selbst dann, wenn die Schuldfähigkeit, etwa durch übermässigen Alkoholgenuß, erheblich vermindert war, die Strafe nicht zwingend reduziert werden muß und schon gar nicht zwingend der Strafrahmen nach § 49 StGB verschoben werden muß. Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Täter weiß, daß er z.B. zu Gewalt oder auch nur Aggressionen neigt, wenn er betrunken ist. Dadurch ist das Risiko für die Begehung von Straftaten für den Täter vorhersehbar erhöht, weswegen ihm eine Strafreduzierung aufgrund des Alkohols zu verwehren ist (BGH-NStZ 2008, 619).