Schlagwort-Archive: Fahrerlaubnisentziehung durch Führerscheinstelle

Im Bußgeldverfahren zwar keinen Pflichtverteidiger, dafür aber den Führerschein behalten

Der 57-jährige Berufskraftfahrer hatte im Fahreignungsregister bereits sieben Punkte angesammelt. Anfang 2015 hatte er sich vor dem Bußgeldrichter in Mannheim erneut wegen eines punktebewehrten Verkehrsverstoßes zu verantworten. Es ging um einen Ladungssicherungsverstoß. Der Bußgeldrichter war zwar verurteilungwillig, konnte sich jedoch hierzu nicht „durchringen“ und holte daher außerhalb der Hauptverhandlung ein technisches Sachverständigengutachten ein. Als dieses vorlag, schien das Schicksal des Betroffenen besiegelt, ihm die Verurteilung sicher, ebenso wie die unweigerliche Fahrerlaubnismaßnahme, nämlich Entziehung derselben. Weiterlesen

Cannabis und Führerschein

1. Einmaliger Konsum (auch wenn man beim Fahren erwischt wird) indiziert nicht die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen. Fahrerlaubnisbehörde darf aber die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens und eines Drogenscreenings anordnen.

2. Gelegentlicher Konsum (mindestens zwei Mal) indiziert die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen nur, wenn der Betroffene Konsum und Fahren nicht trennen kann, also beim Fahren unter Drogeneinfluss festgestellt worden ist. Die Fahrerlaubnisbehörde entzieht die Fahrerlaubnis.

3. Regelmäßiger Konsum (täglich oder beinahe täglich) indiziert die Ungeeignetheit, die Fahrerlaubnisbehörde entzieht die Fahrerlaubnis.

MPU auch bei Gewalt ohne Bezug zum Straßenverkehr

Gegen Führerscheininhaber kann gem. § 11 III Nr. 4 FeV zur Klärung von Eignungszweifeln eine MPU angeordnet werden,

– wenn erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften verstoßen wurde,
– bei Straftaten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr oder der Kraftfahreignung
– bei Anhaltspunkten für ein hohes Agressionspotential.

Daher wird jetzt von der Politik gefordert (der niedersächsische Innenminister Schünemann laut FAZ vom 24.11.09), die Fahrerlaubnisbehörden müßten nicht nur bei Verkehrsstraftaten und vom Kraftfahrtbundesamt mit Informationen gefüttert werden, sondern sollten auch sonstige Informationen von Behörden erhalten, um bei Anhaltspunkten für hohes Agressionspotential eine MPU anordnen zu können.

Pflichtverteidiger im Bußgeldverfahren

Das Landgericht Mainz hat am 6.4.09 entschieden, daß dem Betroffenen ein Pflichtverteidiger auch im Bußgeldverfahren zu bestellen ist. Es ging zwar „eigentlich“ nur um ein Bußgeld von 50 € wegen eines Verkehrsverstoßes. Damit verbunden war jedoch die Eintragung von 3 Punkten in Flensburg. Wegen voreingetragener 16 Punkte hatte der Betroffene wegen Erreichens von mindestens 18 Punkten daher mit dem Entzug der Fahrerlaubnis zu rechnen. Da er Berufskraftfahrer und schon 61 Jahre alt war, ohne Fahrerlaubnis mit der Kündigung rechnen mußte und altersbedingt auch nicht ohne weiteres mit einer Neuanstellung, waren die Folgen der Verurteilung derart gravierend, daß ein Fall notwendiger Verteidigung gem § 140 II StPO vorlag (1 Qs 49/09).
Die Entscheidung ist inzwischen veröffentlicht in NZV 2009, 404.

Punkteabbau und Tattagprinzip

Zu § 4 IV StVG hat das Bundesverwaltungsgericht am 29.09.08 eine praktisch wichtige Entscheidung gefällt. Ob Punkte und wenn ja wieviele abgebaut werden können, wenn man an einem Aufbauseminar teilnimmt, hängt vom Punktestand ab. Punktestand ist dabei nicht alleine das, was in Flensburg eingetragen ist. Reicht man die Teilnahmebescheinigung bei der Führerscheinstelle ein in der Annahme, man habe 8 Punkte und könne 4 abbauen, hat aber einen weiteren Verstoß begangen, der noch nicht rechtskräftig geahndet und daher noch nicht in Flensburg eingetragen ist, so werden nur 2 Punkte abgezogen, wenn es nachträglich noch zur Eintragung von diesen neuen Punkten kommt. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich insoweit für das Tattagprinzip und gegen das Rechtskraftprinzip entschieden. Weiterlesen

Trunkenheit mit Fahrrad und Fahrerlaubnisentziehung

Inzwischen ist auch die verwaltungsrechtliche Rechtsprechung nachgezogen (BVerwG-NJW 2008, 2601) und die Fahrerlaubnis kann einem Fahrradfahrer entzogen werden, wenn er mit mindestens 1,6 %o am Straßenverkehr teilnimmt, wenn durch ein Gutachten, das die Führerscheinstelle anordnen kann, feststeht, daß er zukünftig Kraftfahrzeuge in fahruntüchtigem Zustand führen wird. Nach § 3 I FeV kann ihm dann auch das Führen eines Fahrrades untersagt werden. In der Regel wird die Fahrerlaubnis jedoch schon zuvor vom Strafrichter entzogen worden sein, weil bei Radfahrern ebenfalls ab 1,6 %o von einer strafbaren Trunkenheitsfahrt ausgegangen wird.