Zeugen wissen nur eines: unser Fahrer hat geblinkt!

Demnächst steht nun die OLG- Entscheidung in einer Unfallsache von vor vier Jahren an. Der Motorradfahrer hatte versucht, innerorts einen PKW mit betagtem Fahrer zu überholen. Mit im Auto: der Rest der Familie auf der verzweifelten Suche nach der Stätte, wo eine Familienfeier stattfinden sollte. Endlich hatte man die Stelle zum Linksabbiegen gefunden und entsprechend spontan den Abbiegevorgang eingeleitet. Dann krachte es.
Drei Jahre später vernahm das OLG einige der Beifahrer zu der Behauptung, der Fahrer des PKW habe ordnungsgemäß geblinkt. Das LG Darmstadt hatte sich das geschenkt. Daran könne sich sowieso keiner erinnern, selbst wenn er es damals wahrgenommen hätte. Jetzt durften die Zeugen endlich ran. Und -wie durch ein Wunder- sie erinnerten sich. Zwar an nahezu nichts anderes als an das, aber auf jeden Fall daran, wie der liebe Papa/Mann geblinkt hätte, was er ja eh immer macht, sogar auf „Privatparkplätzen“ usw. Gut, gesehen hätten sie nichts, aber gehört! Lautes Klacken und dergleichen, wäre halt so im Astra.
Wenigstens nichts von der Wahrung der doppelten Rückschaupflicht, wie man es sonst in solchen Fällen überdies noch gerne die Zeugen wahrheitswidrig „vortragen“ läßt: „Ich habe genau gesehen, wie er in den Innen-, den Aussenspiegel und dann noch mit dem Kopf nach links über die Schulter geguckt hat und dabei hat er immerfort geblinkt, das habe ich genau gehört!“  Mal sehen, was das OLG daraus macht. Ich habe einen Anscheinsbeweis zugunsten des Motorradfahrers aufgrund der Verletzung der doppelten Rückschaupflicht reklamiert.

5 Gedanken zu „Zeugen wissen nur eines: unser Fahrer hat geblinkt!

  1. NoName

    Viel Glück!
    In einem mir bekannten Fall wurde in Kleve entschieden, dass ein Zeuge, der von seinem Diestposten die Unfallstelle gar nicht einsehen kann, durchaus glaubwürdig sei. Es ging um die Frage, ob ein Fzg rechts geblinkt hätte oder nicht. Das Fzg hatte zum Unfallzeitpunkt ca. 70 auf Tacho… Der Zeuge sagte „ja. hat es“, der fahrer trug somit (Mit)Schuld an einem Unfall bei dem ihm die Vorfahrt genommen wurde… Dem Lichtzeichen müsse man heutzutage glauben können, so der Richter. Wie das Fzg mit 70 die Kurve kriegen soll wurde nicht erleutert… Neben der Aussage des Fahrers nicht geblinkt zu haben…

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  2. flauaus Beitragsautor

    Hier war der Fahrer unmittelbar zuvor nach rechts abgebogen. Bereits hier hatten die Zeugen das Blinken „gehört“. Nach dem Abbiegen wollen sie ein charakteristisches „Krachen“ oder „Knacken“ für das Umstellen des Blinkhebels von der einen nach der anderen Seite mit sich dann anschließendem „normalen Blinkgeräusch“ vernommen haben. Ob sie dem Blinkgeräusch auch die Richtung angehört hätten, wurde freilich auch gefragt und mit der Stereotype des „befangenen“ Zeugen beantwortet, wonach der „Papa“ doch immer so superkorrekt usw. fahre und es doch wohl klar gewesen wäre, dass man nun nach links abbiege; weswegen solle man da nach rechts blinken.

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  3. flauaus Beitragsautor

    In seinem Urteil vom 8.2.11 ist das OLG den Zeugen nicht gefolgt und hat die Behauptung des Beklagten, geblinkt zu haben, als nicht erwiesen angesehen (22 U 162/08). Den Aussagen mangele es an Realitätskennzeichen, wie sie in Bender/Nack, Tatsachenfeststellung, Rz. 504, postuliert und erforderlich sind, um gem. § 286 ZPO mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von ihnen ausgehen zu können.

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