Archiv für den Monat: Oktober 2009

…stellen uns janz dumm und fragen: wat issene Fachanwalt

Als es nur den Fachanwalt für Steuerrecht gab, also vor langer, langer Zeit, da wurde er gelegentlich als „Schwachanwalt“ verunglimpft. Heute gibt es so ungefähr 20 Fachanwaltsbezeichnungen. Die für Strafrecht seit 13 Jahren und die für Verkehrsrecht seit vier Jahren. Die Voraussetzungen zum Erwerb sind jeweils der Nachweis von soundsoviel in den letzten drei Jahren vor der Antragstellung bearbeiteten Fällen, darunter gerichtliche Verfahren, im Strafrecht einige mindestens am Schöffengericht. Außerdem muß ein Fachanwaltskurs besucht und mehrere fünfstündige Klausuren zu Examensbedingungen geschrieben und bestanden werden. Trotzdem meint Kleine-Cosack zurecht, dass Fachanwalt nicht sei, wer soeben den Titel erworben habe, sondern wer ihn führe und deshalb auf diesem Gebiet stärker nachgefragt werde. Fachanwalt wird man so erst mit der Zeit nicht weil man Fachanwalt ist, sondern das Publikum den Träger der Fachanwaltsbezeichnung  mit Fällen aus „seinem“ Gebiet konfrontiert, während Fälle aus anderen Gebieten nicht (mehr) an ihn herangetragen werden.
Dies führt mitunter zu dem „Was-Hänschen-nicht-lernt…-Effekt“. Wie bei der Kollegin Fachanwältin für Strafrecht, die vor der Strafkammer in Darmstadt die Vereidigung eines Angeklagten angeregt hatte, weil er Wahrnehmungen außerhalb des ihn betreffenden Tatkomplexes gemacht und dadurch „irgendwie in einer logischen Sekunde (sic!) Zeuge geworden“ sei.
Der Vorsitzende wahrte die Fassung, meinte, dies lasse die StPO nicht zu und stellte anheim, einen Antrag zu stellen, den „die Kammer dann aber sicher ablehnen“ werde.

Sicherheitsabstand

Die Regelung zum Sicherheitsabstand in § 4 StVO, wonach dieser „in der Regel“ so groß sein muß, daß hinter dem vorausfahrenden Fahrzeug angehalten werden kann, auch wenn dieses plötzlich gebremst wird, ist vernünftig. Nicht hingegegen, was der Bußgeldkatalog daraus macht. Bei einer üblichen Autobahngeschwindigkeit von, sagen wir 150 km/h, gibt es fette Bußgelder und reichlich Punkte in Flensburg, wenn der Sicherheitsabstand weniger als 37,5 m beträgt. Bei 200 km/h muß der Sicherheitsabstand sogar mindestens 50 m betragen. Andernfalls: mindestens 100 € und 2 Punkte.  Knapp unter 10 m Abstand bei dieser Geschwindigkeit sind 400 €, 4 Punkte und 3 Monate Fahrverbot. Weiterlesen

Sicherungsverteidiger oder: Sicherheit vor Revisionen und anderen Unliebsamkeiten

Der Kollege berichtet von der Bestellungspraxis einer Strafkammer bei sogenannten Sicherungsverteidigern. Mit einem auswärtigen Anwalt brauche der Angeklagte insoweit gar nicht zu kommen. Man nehme welche aus der Liste der soeben frisch zugelassenen Anwälte. Deren Terminkalender sei immer so schön weiß.
Daß sie keine Berufspraxis und mit Strafrecht nix am Hut hätten, wäre egal. Sie wären Rechtsanwälte und als solche für diese Aufgabe vollkommen ausreichend qualifiziert. Und das Verfahren wird dadurch echt sicher, vor allem vor Revisionen und anderen Unliebsamkeiten.

Das Schmerzensgeld und seine Bemessung

Die Höhe des Schmerzensgeld, das bei Verkehrsunfällen nzwischen  auch gezahlt werden muß, wenn dem Schädiger ein Verschulden nicht zur Last fällt, wenn er nur eine Ursache für den Unfall gesetzt hat, bemisst sich hauptsächlich nach der Schwere der Verletzungen sowie danach, wie lange und wie intensiv der Geschädigte unter den Verletzungen zu leiden hatte. Dabei kommt es allerdings auch auf die Wahrnehmbarkeit der Verletzungen an. Selbst schwerste Verletzungen sind nicht wahrnehmbar, wenn der Geschädigte im Koma liegt. Schließlich mit für die Höhe des Schmerzensgeldes entscheidend: das Maß des Verschuldens des Schädigers (BGH-NJW 2006, 1271).

Nutzungswertersatz bei Rücktritt vom Autokaufvertrag

Wer vom Kaufvertrag über ein Auto zurücktritt, weil diese mangelhaft ist, muß dem Verkäufer für die gezogenen Nutzungen während der Zeit des Kaufs bis zur Rückgabe des Autos Wertersatz leisten. Dies hat der BGH (VIII ZR 243/08) am 16.09.09 entschieden. Die Entscheidung des EuGH (NJW 2008, 1433) steht dem nicht entgegen, weil es dort um das Recht des Verbrauchers auf Ersatzlieferung ging, nicht aber um die Rückabwicklung des Kaufvertrages. In dieser Entscheidung hatte der EuGH die Auffassung vertreten, der Verbraucher dürfe nicht von der Geltendmachung seines Rechts auf Ersatzlieferung durch die Verpflichtung zur Zahlung von Nutzungswertersatz abgehalten werden.
Nach der Berechnungsformel des BGH bedeutet es z.B. bei einem für 4.000 € gekauften Auto mit 150.000 km, das der Käufer weitere 25.000 km gefahren hat, daß er bei Rückgabe des Autos nicht 4.000 € sondern nur 3.000 € erhält.