Drei Verhandlungen… Teil 2

Der Paketzusteller war wegen gefährlicher Körperverletzung (Tatwerkzeug = Schlüsselbund) zum Nachteil seiner Lebensgefährtin ihres Sohnes, begangen im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit, im Februar vom Amtsgericht Bensheim zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist, sowie die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden (ebenfalls zur Bewährung) obwohl die Verletzungen von Frau und Kind diskret waren und der „Täter“ strafrechtlich bislang noch nie in Erscheinung getreten war. Wie es zu diesem Fehlurteil kommen konnte, ist unklar. Der Paketzusteller hatte in erster Instanz einen anderen Anwalt. Vielleicht hatte dem Richter ja schon nicht gefallen, dass der Angeklagte die Vorwürfe bestritten hat.

Dieser Richter saß nun am Montag als Zuhörer in einer erneuten Verhandlung gegen den Paketzusteller wegen einer weiteren gefährlichen Körperverletzung (begangen unter anderem mit einem Plastikbagger) mit den gleichen Opfern, die ein Kollege von ihm zu verhandeln. Unmittelbar nach den hier angeklagten Taten hatte man den Paketzusteller im Januar kurzerhand wegen Wiederholungsgefahr in Untersuchungshaft gesteckt. Dort hatte er nun dreieinhalb Monate verbracht. Eine zwischenzeitlich durchgeführte mündliche Haftprüfung hatte nicht zur Außervollzugsetzung geführt.
Auch dieser Verhandlung bestritt der Angeklagte die Vorwürfe. Die Angaben der Belastungs Zeugin waren in sich widersprüchlich und standen in unvereinbaren Widersprüchen zu ihren Angaben bei der Polizei und bei einer vorangegangenen richterlichen Vernehmung. Verurteilt wurde der Angeklagte trotzdem. Zwar nicht wegen angeklagter zweier gefährlichen Körperverletzungen sondern wegen einer fahrlässigen Körperverletzung und einer „einfachen “ Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft hatte, ihre Linie aus der vorangegangenen Verhandlungen fortsetzend, eine Freiheitsstrafe von 10 Monaten beantragt, die immerhin zur Bewährung ausgesetzt werden sollte. In der vorangegangenen Verhandlungen hat die Staatsanwaltschaft gegen das Urteil, dem der Angeklagte immerhin zu einer einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war, Berufung eingelegt mit der Begründung, diese Freiheitsstrafe könne doch wohl nicht zur Bewährung ausgesetzt werden.
In der neuerlichen Verhandlung jedenfalls gab es eine Geldstrafe. Das Strafmaß habe auch die unangemessene Sachbehandlung durch die Justiz (zwei verschiedene Verfahren bei unterschiedlichen Richtern trotz identischer Verfahrensbeteiligter einschließlich der Zeugen abenteuerlich lange Untersuchungshaft) zu kompensieren. Man darf gespannt sein, ob die Staatsanwaltschaft auch in diesem Fall wiederum Rechtsmittel einlegt.
Bemerkenswert an der Tagessatzanzahl von 110 ist noch, dass der Paketzusteller genau 102 Tage in Untersuchungshaft saß.

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